Anker gehören zu den meist genutzten Hilfsmitteln, über die die menschliche Psyche verfügt. Jeder Mensch wendet Anker an, meistens jedoch unbewusst und absichtslos. Zielgerichtet genutzt, kann man sich durch Anker in eine bestimmte geistige Verfassung bringen. Anker verstärken eine vorhandene Grundeinstellung zusätzlich – positiv oder negativ. So können sie in den verschiedensten Situationen (zum Beispiel beim Sport und der Arbeit) eine große Unterstützung oder eine störende Bremse sein. Was Anker überhaupt sind und wie du sie nutzen kannst, erfährst du in diesem Beitrag.
„Anker“ sind eine Orientierungshilfe
Unser Gehirn speichert jede erlebte Situation ab. Das sind Erinnerungen. Aber nicht nur die Erinnerung an eine bestimmte Situation wird gespeichert. Ergänzt wird diese Erinnerung mit begleitenden Sinneswahrnehmungen. Diese begleitenden Sinneswahrnehmungen nennt man Anker. Anker sind Orientierungshilfen für dein Leben. Sie wirken wie ein Kompass, der die Richtung vorgibt – aber statt einer Richtung lösen Anker immer eine bestimmte Reaktion auf ein singuläres Ereignis aus. Sie wirken unterbewusst.
Bestimmt hast du dich schon oft gefragt, warum du in dieser oder jener Situation auf eine bestimmte Art reagiert hast? Die Antwort liegt darin begründet, welche Referenz-Erlebnisse du in deinem Gehirn abgespeichert hast. Dein Gehirn vergleicht die aktuelle Situation mit einer ähnlichen aus der Vergangenheit und serviert dir ein konkretes Verhaltensmuster. Aber: Du bist nicht aktiv beim Einsatz der Anker beteiligt. Oder doch?
„Anker“ gezielt einsetzen: Geht das?
Wenn du es schaffst, dir eine Vielzahl an positiv wirkenden Ankern zu setzen, kannst du diese gezielt einsetzen, um auch künftig ein positives Ergebnis in einer bestimmten Situation zu erzielen. Bist du mit deinem bisherigen Verhalten auf eine bestimmte Situation unzufrieden, musst du nicht nur deine Einstellung zu diesem Thema ändern – du solltest auch darauf achten, welche begleitenden Anker bisher unbewusst an deiner Reaktion beteiligt waren. Diese nicht förderlichen Anker ersetzt du durch neue positiv wirkende Anker.
Wenn du bisher auf eine bestimmte Art und Weise auf eine konkrete Situation reagiert hast. Verschiedene Sinneswahrnehmungen haben dein Verhalten zusätzlich verstärkt. Das Ergebnis dieser Situation war für dich negativ. In deiner Erinnerung ist es mit Schmerz und dem Gefühl verbunden, etwas nicht richtig gemacht zu haben. Jetzt willst du anders auf diese Situation reagieren, weil auch dein Handeln ein anderes sein soll als vorher und logischerweise soll für dich Freude und das Gefühl, etwas Richtiges getan zu haben, als Ergebnis und Erinnerung bleiben. Es handelt sich ja um eine ähnliche oder identische Situation, also um etwas, dass du so schon einige Male erlebt hast. Die Situation, um die es geht, ist die gleiche. Die äußeren Einflüsse sind gleich. Nur über eine andere Wahrnehmung und Analyse dieser Situation bist du in der Lage, künftig neu und anders zu reagieren. Was zur Folge hat, dass du ein anderes Ergebnis erhältst als das, was du bisher immer erhalten hast. Denn deine innere Einstellung zu dieser Situation, deine Sichtweise und die Schlüsse, die du daraus ziehst, sind komplett andere.
Frage dich also immer wieder, warum du bisher auf eine bestimmte Art und Weise reagiert hast. Wenn du das Ergebnis beeinflussen möchtest, funktioniert das nur über eine Änderung deiner Wahrnehmung und inneren Einstellung. Und genau hier sind auch Sinneseindrücke immer beteiligt, die dein Verhalten beeinflussen und verstärken.
Ich gebe dir ein Beispiel, um den Vorgang, wie man Anker nutzen kann, zu verdeutlichen:
Du willst dich für eine wichtige Prüfung vorbereiten. Bisher hast du dich vor dieser Situation geängstigt, warst unsicher und hast eher nach einer Möglichkeit gesucht, der Arbeit für diese Prüfung auszuweichen. Das Prinzip Hoffnung ist hier oft der Ratgeber, und zwar ein schlechter Ratgeber. Das wird schon irgendwie klappen, oder? Immer Glück gehabt bisher. Kommt dir das bekannt vor? Wie wäre es mit einer neuen Herangehensweise? Du überlegst dir genau, in welcher Stimmung und in welcher Umgebung du dich zum Beispiel für diese wichtige Prüfung vorbereiten kannst. Deine bisherige Herangehensweise war ja offenbar nicht von Erfolg gekrönt. Du hattest Angst vor der Prüfung, warst zu unkonzentriert, um zu lernen und hast gehofft, dass es irgendwie trotzdem funktioniert. Heute bist du wieder in einer ähnlichen Situation. Wieder steht eine Prüfung oder ein anderes wichtiges Ereignis an und du musst fit sein, damit es richtig gut wird. Rational weißt du das. Jetzt brauchst du also eine neue Art der Vorbereitung auf diese Prüfung. Benutze nicht die Trigger, die du bisher genutzt hast. Schaffe dir neue. Abends lernen hat bisher keine guten Ergebnisse gebracht? Wie wäre es, eine andere Tageszeit dafür zu reservieren? Das gleiche gilt für deine emotionale und äußerliche Umgebung. Das Ergebnis sollte dann ein anderes sein als früher.
Man kann das auch noch einmal von der anderen Seite aus betrachten – diesmal verfügst du über ein sehr gutes Ergebnis, das du mit einer ganz bestimmten Vorgehensweise erreicht hast. Diese sehr gute Erfahrung ist also mit einer bestimmten Vorgehensweise in deinem Gehirn verknüpft und die Ergebnisse waren entsprechend, also gibt es keinen Grund, irgend etwas daran zu ändern. Du hast dich für deine Prüfung vier Wochen konzentriert vorbereitet und jeden Tag zwischen 15 und 17 Uhr gelernt und dabei auf deiner Couch gesessen. Du hast weißen Granatapfel-Tee getrunken (ja, ich weiß, das ist sehr exotisch) und dabei eine bestimmte Musik gehört, sagen wir einmal David Bowies „Heroes“. Die Situation „Prüfungsvorbereitung“ und die „Anker“ weißer Granatapfel-Tee, Couch und „Heroes“ sind bei dir als positiv gespeichert – weil dein Ergebnis in der Prüfung hervorragend war. In so einem Fall änderst du gar nichts. Mache es diesmal genau so wie damals. Vielleicht hast du aber auch erst drei Tage vor der Prüfung angefangen dich vorzubereiten und ausschließlich Nachts gelernt und aller 20 Minuten 10 Burpees gemacht– dann ist das eben dein Anker. Wichtig ist nur, dass du negative Anker, die in der Vergangenheit zu keinem guten Ergebnis geführt haben, kategorisch aus der Bibliothek in deinem Gehirn entfernst. Verwende nur Anker, die dir positive Ergebnisse gebracht haben.
Welche „Anker“ gibt es?
- Visuelle Anker: Symbole, Bilder, Farben, Formen
- Auditive Anker: Geräusche, Klänge, Melodien, Wörter und Satzfolgen, Zitate, Stimmfärbungen
- Kinästhetische Anker: Bewegungen, Gestiken, Körperhaltungen, Berührungen, Gefühle
- Gustatorische Anker: Geschmack bestimmter Speisen und Stoffe
- olfaktorische Anker: Gerüche und Düfte
- Positive „Anker“ verbessern deine Ergebnisse signifikant
Anker helfen dir, konkrete emotionale Zustände herzustellen. Durch sie wirst du darin unterstützt, deine Ziele zu erreichen. Du verschaffst dir durch Anker einen emotionalen Vorteil, den du in bestimmten Situationen nutzen kannst. Wiederholst du den Einsatz positiver Anker in deinem Alltag, wirst du immer geübter darin, sie abzurufen. Deine Ergebnisse werden besser und durch die Wiederholung werden deine positiven Anker immer stärker. Je mehr Sinne du in deiner Ankertechnik anwendest, umso mächtiger wirken sie. Wie war das noch mit der Couch (liegen), dem weißen Granatapfel-Tee (schmecken und riechen) und „Heroes“ von David Bowie (hören)? Mache es zu einem Gesamterlebnis für dein Gehirn. So wird deine Gehirn-Bibliothek mit der Zeit immer umfangreicher.
Beispiele für die Anwendung von Ankern
Sinneswahrnehmungen sind immer dabei, wenn Erinnerungen abgespeichert werden. Wenn man sich gezielt Anker sucht, die die positive Grundeinstellung in einer bestimmten Situation verstärken, wird die Erinnerung an eine bestimmte Situation noch prägnanter. Das geschieht deshalb, weil unser Gehirn die Gesamtsituation speichert – also inklusive sämtlicher Sinneswahrnehmungen. Da Anker unsere Sinneswahrnehmungen konkret machen, können wir durch den gezielten Einsatz von Ankern die Art und Weise unterstützen, wie wir künftig auf ähnliche oder gleiche Situationen reagieren.
So könnten diese Anker aussehen:
- Beim Sport hörst du immer die eine bestimmte Platte deiner Lieblingsband. Sobald du diese eine Platte anmachst, weiß dein Kopf (und damit auch dein Körper), dass er jetzt Sport machen wird. Anker: Platte Lieblingsband = Sport
- An deiner Badewanne steht eine Duftkerze die nach Lavendelt riecht. Immer wenn du Baden gehst, zündest du sie an. Das ist für dich der Moment wo du total entspannt bist. Egal wo und wann du in deinem Alltag den Duft von Lavendel riechst, wird er dich in einen entspannten Zustand versetzen. Anker: Lavendel = Entspannung
- An deiner Wand hängt ein Bild von einem Haus am Meer, indem du dir wünscht zu wohnen. Immer wenn du es dir anschaust, stellst du dir vor, wie toll es wäre endlich an diesem Ziel anzukommen. Dadurch wirst du motiviert an diesem Ziel zu arbeiten. Anker: Bild Haus am Meer = Motivation.
Tipp: Es ist häufig so, dass jeder Mensch auf bestimmte Anker besonders stark reagiert oder auch auf eine Kombination aus bestimmten Ankern. Probiere dich hier einfach ein wenig aus, bist du die beste Methode für dich gefunden hast.
Wendest du schon bestimmte Ankertechniken erfolgreich an? Welche sind das? Wie haben sie sich auf deine Ergebnisse ausgewirkt? Schreibe deine Erfahrungen gerne in die Kommentare.
Photo by Nias Nyalada on Unsplash