Schaue ich zu viel fern? Seit circa 10 Jahren schaue ich kein TV mehr. Klassisches Fernsehen gucke ich eigentlich nur zufällig, wenn ich unterwegs bin oder im Fitnessstudio auf dem Laufband stehe. Nach einer halben Stunde bin ich dann schon meist genervt von der vielen Werbung. Die stresst mich unheimlich.
Aber ich liebe gute Filme (und auch manche schlechte) und Serien. Meine DVD-Sammlung ist entsprechend groß und ein Abo für Prime habe ich auch.
Ich behaupte zwar, dass ich zu 80% hochwertige Filme und Serien schaue, die mir neben angenehmer Unterhaltung auch einen zusätzlichen intellektuellen Mehrwert bieten, trotzdem hatte ich das Gefühl, das ich zu viel fernsehe. Denn jeden Abend einen Film oder eine Serie zu schauen, macht den Konsum dann doch recht beliebig.
Also dachte ich mir: Warum nicht einfach mal einen Monat lang komplett darauf verzichten? Damit war die Idee für meine Challenge geboren.
Wie viel sehen wir Deutschen fern?
Bevor ich euch von den Erfahrungen während meines einmonatigen Fernsehverzichts berichte, kommen hier ein paar Fakten zum Fernsehkonsum:
Im Durchschnitt schauen die Deutschen pro Tag 217 Minuten fern.
Das sind etwas mehr als 3,5 Stunden oder 14% des gesamten Tages. Ganz schön viel, wenn man bedenkt, dass wir cirka 8 Stunden schlafen (33%) und die meisten von uns 8 Stunden arbeiten (33%). Bleiben also noch etwas mehr als 4 Stunden (20%) für sonstige Aktivitäten. Hier zählt bei vielen noch die Fahrzeit zur Arbeit, Zeit zum Einkaufen etc. mit herein.
Spitzfindige Menschen mögen jetzt sagen, dass viele Menschen auch weniger schlafen oder weniger/ gar nicht arbeiten. Das ist bestimmt so. Aber darum geht es mir bei dieser Statistik nicht. Ich möchte mir nur erst einmal einen Überblick über den Fernsehkonsum der Deutschen verschaffen. Und dafür sind die eben genannten Zahlen ausreichend.
Den geringsten Anteil mit circa 70 Minuten nimmt die Gruppe der 14- bis 29-Jährigen ein. Das heißt natürlich nicht, dass sie weniger konsumieren. In der Altersgruppe werden Medien einfach anders konsumiert (Youtube usw.).
Noch einmal zurück zum durchschnittlichen Konsum von 217 Minuten pro Tag. Das sind 79.205 Minuten pro Jahr. Also 1.320 Stunden. Oder anders gesagt: 55 Tage!!!
Die Zahlen finde ich schockierend! Das ist unglaublich viel Lebenszeit. Die Zeit, die wir haben, ist begrenzt. Nicht, dass die eine oder andere Stunde nicht mit TV schauen „verschwendet“ werden dürfte. Das geht in Ordnung. Aber 55 Tage pro Jahr mit Fernsehen zu verbringen, ist heftig. Aber man die Rechnung noch weiterführen. Nimmt man einfach einmal eine Fernseh-Zeit von 2 Stunden pro Tag an und verknüpft das mit 60 Jahren, die man fernsieht, dann summiert sich das Ganze auf 1.825 Tage oder 5 Jahre.
Unfassbar, oder? Ich weiß, dass das viele Zahlen sind und diese Hochrechnungen auch nur fiktiv sind, aber ich mache das gerne, um mir das Ausmaß von bestimmten Gewohnheiten bewusst zu machen.
Wenn ich das für mich so lese, habe ich sofort das Bedürfnis, weniger fernzusehen. Fünf Jahre meines Lebens mit Fernsehen zu verbringen ist mir definitiv zu viel verschwendete Zeit.
Welche Nachteile hat der TV-Konsum?
Rein subjektiv betrachtet, verliert man durch Fernsehen einfach unglaublich viel Zeit! Es ist wichtig, hier nicht nur die Zeit zu berechnen, die man aktiv mit Fernsehen verbringt. Man sollte ebenso die Zeit mit einbeziehen, die man nach dem Beenden des TV-Konsums braucht, um eine andere Sache fokussiert beginnen zu können.
Ein Beispiel um diesen Fakt zu erklären:
Ich schreibe gerade diesen Blogartikel. Auf einmal ploppt eine Mitteilung hoch: „Du hast eine neue E-Mail erhalten.“ Ich unterbreche mein Schreiben. Klicke auf die Mail und beantworte sie sofort. Das hat mich vielleicht fünf Minuten gekostet. Bis ich dann aber tatsächlich wieder im Schreiben drin bin, brauche ich eine halbe Stunde. Mein Fokus wurde mir „geklaut“.
Wenn ich also nach einem Film von der Couch aufstehe, bin ich voll auf Fernsehen programmiert. Will ich dann zum Beispiel einen Blogartikel wie diesen schreiben, brauche ich ewig, um damit zu beginnen. Das Fernsehen hat meine volle Aufmerksamkeit in Anspruch genommen und ich muss mich erst wieder neu fokussieren.
Ein weiterer negativer Aspekt ist das Sozialleben. Ich schaue unglaublich gerne Filme gemeinsam mit meinem Freund. Wir unterhalten uns anschließend auch ausgiebig über den Film, werten ihn aus und das macht richtig Spaß. Aber die zwei Stunden während des Films liegen oder sitzen wir passiv nebeneinander. Er hat übrigens auch mitgemacht bei der Challenge und wir haben schöne gemeinsame Erfahrungen während dieser Zeit gemacht. Dazu gleich mehr.
Welche Vorteile hat der TV-Konsum?
Wenn man über Nachteile spricht, sollte man immer auch die Vorteile benennen.
Mit dem richtigen TV-Konsum kann man seine Bildung erweitern. Dafür gibt es so großartige Sender wie arte und auch auf den anderen öffentlich-rechtlichen Sendern, laufen zum Teil gute Dokumentationen. Wenn wir diese „Zwangsabgabe“ schon zahlen müssen, sollten wir es auch ein wenig nutzen 😉 Mittlerweile kann man die Sender auch sehr gut online schauen und bei arte gibt es eine super Mediathek.
Dann gibt es natürlich noch gute Filme. Filme bringen einem zum Lachen, Träumen, Weinen, Schmunzeln… Auch durch Filme kann man viel lernen, wenn man die richtige Auswahl trifft und aufmerksam hinschaut. Mein Interesse an Jazz-Musik zum Beispiel wurde durch Filme geweckt. Auch habe ich durch Filme viel über verschiedene historische Ereignisse gelernt, obwohl ich eigentlich kein großer Fan von Geschichte bin.
Es kommt also immer darauf an, WIE man konsumiert.
Meine Challenge
Jetzt kommen wir endlich zu meinen Erfahrungen mit der einmonatigen TV-Abstinenz 🙂
Wie oben bereits erwähnt, war der Ausgangspunkt der, dass ich das Gefühl hatte, zu viel Zeit mit dem Schauen Filmen und Dokus zu verbringen und damit zu viel Zeit zu verschwenden. Ich wollte mehr arbeiten und andere Dinge tun. Also kein TV für 30 Tage.
Die ersten Tage war es gar nicht so leicht! Ich esse zum Beispiel ungemein gerne beim Fernsehen. Darauf auf einmal abends zu verzichten war anfangs komisch. Was kann man tun? Na ja, sich unterhalten zum Beispiel! War gar nicht so schlecht 😉
Generell ist es immer schwierig, eine vorhandene Gewohnheit aufzubrechen und durch eine neue zu ersetzen.
Ich hatte mir im Vorfeld schon vorgenommen, die Zeit mit lesen oder mit Arbeit zu verbringen.
Aber wenn diese TV-Zeit so fest in deinen Alltag eingeplant ist, weiß man trotz Ideen erst einmal nicht, wohin mit der vielen Zeit.
Schon nach drei Tagen war es für mich gar kein Problem mehr, den Fernseher abends nicht anzuschalten. Das zeigt mir auch, dass Fernsehen (zumindest für mich) kein großes Suchtpotential hat.
Was ich total genossen habe, war abends am Tisch zu essen. Es ist nicht so, dass ich das vorher nie gemacht habe, aber es war eher selten. Wenn man sich nur auf eine Sache konzentriert, nimmt man sie viel intensiver wahr. In diesem Fall betraf das meine Geschmacksnerven. Ich habe wirklich mehr geschmeckt beim Essen und letztendlich auch weniger gegessen, weil ich viel schneller gemerkt habe, wenn mein Körper mir „gesagt“ hat, dass ich genug gegessen habe.
Auch nach dem Sport war Fernsehen für mich oft die perfekte Entspannung und ich dachte, dass ich das anders nicht wirklich hinbekomme. Aber auch das ging ohne Probleme.
Vielleicht ist mir der Verzicht auch so leicht gefallen, weil ich mich schon vorher wochenlang über meinen Fernseh-Konsum geärgert habe. Da ich abends nach intensiver Arbeit oft erschöpft war, habe ich oft belangloses Zeug geschaut. Das hat mich im Endeffekt noch unzufriedener gemacht, weil ich eigentlich ein zielstrebiger und effektiver Mensch bin. Abschalten und den ganzen Tag auf der Couch liegen und Serien schauen ist ab und an genau das, was man braucht! Aber es täglich zu tun ist dann doch too much.
Das Thema TV war für mich im Vorfeld also mit reichlich Schmerz und negativen Gefühlen aufgeladen, so dass ich mich so richtig auf die Challenge gefreut habe.
An einem Tag während der 30 Tage habe ich versagt. Nach dem Besuch einer Bar und dem einen oder anderen Cocktail war ich am nächsten Tag bisschen müde und in der Lage zu gar nix. Anstatt den lieben langen Tag an die Wand zu starren, habe ich ein paar Stunden fern gesehen.
Am nächsten Tag habe ich mich dafür ein wenig geschämt und mich wie ein Versager gefühlt. Aber ich dachte mir, dass ein „Cheat Day“ ist okay. Danach ging es dann auch zielstrebig weiter mit der Challenge.
Ich habe die Zeit vor allem dazu genutzt, um zu lesen. An einigen Tagen haben wir tatsächlich Brettspiele ausgepackt und gespielt. Das habe ich das letzte Mal als Kind gemacht. Monopoly, Schach, Risiko und Poker – das hat super viel Spaß gemacht!
Außerdem habe ich mehr und intensiver gearbeitet. Sonst saß da immer so ein Männlein (oder Weiblein?) in meinem Kopf, dass mir gegen 20 Uhr gesagt hat: „Hey! Langsam wird es Zeit für einen Film!“ Doch durch die Challenge musste/ konnte ich einfach weiter arbeiten, habe mich nicht unterbrechen lassen und letztendlich viel mehr geschafft.
Fazit: Die Challenge war trotz des eines Cheat Day für mich ein voller Erfolg. Auch wenn sie jetzt schon ein paar Wochen zurückliegt und ich abends wieder ab und an Filme oder Serien schaue, habe ich viele positive Erfahrungen mitnehmen können. Vor allem die, das man mehr Zeit für die vielen tollen anderen Dinge des Lebens hat, wenn man auf Fernsehen verzichtet. Denn Fernsehen ist ein absolut passiver Genuss. Und aktiv zu sein macht einfach viel mehr Spaß!
Wieviel Zeit verbringst du täglich mit fernsehen? Hast du auch manchmal das Gefühl, damit deine Zeit zu verschwenden?
Ich freue mich deine Meinung dazu zu hören 🙂